ewsletter / nr. 2 / 18.08.2001
 


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Aus einem Dialog zwischen Karl-Heinz Einberger und Hannes Gamper
über die Arbeit von Maik und Dirk Löbbert

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Nord Süd und mitten drin
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Abb: M+D Löbbert, Installation in der Galerie Hannappel, Essen 1995
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Abb: M+D Löbbert, Sürth Bf. in der Galerie Fuhrwerkswaage, Köln

 

 

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Nord Süd und mitten drin

Ein Dialog zwischen Karl-Heinz Einberger und Hannes Gamper über die Arbeit von Maik und Dirk Löbbert

KHE: Servus Hannes, du, ich möcht mit Dir noch mal über das Gespräch mit den Löbberts letztens reden. Ich fand spannend, daß der Maik und der Dirk beim Reden über ihre Arbeiten ziemlich die Ohren gespitzt haben, als ich sie auf mehrere Arbeiten, in denen sie den Kreisring verwenden, angesprochen habe. Die haben wohl befürchtet, ich wolle sie auf diese Form reduzieren.

HG: ja, als dann klar war, daß es uns eher auf die Unterschiede in der Verwendung dieser Form ankam, da haben sie dann schon Schichten aufgedeckt, die in den meisten Dokumentationen gar nicht rüberkommen.

KHE: ja, das war für mich auch eine ganz steile Kurve: ich sprach über die geometrische Form, und der Maik sprach darauf über das Spezifische des Orts und warum dort der Kreisring eine Form war, um genau diese so vielen Aspekte, die in der jeweiligen Situation da waren und die zunächst völlig unvereinbar erscheinen, in der Arbeit zu bündeln.

HG: ja, das ist gerade in Unteröwisheim so elegant: die letzte Fassade von einem super-x-beliebigen Haus, das nie einen Architekten gesehen hat, wird Träger einer Arbeit aus der Liga "Hochkunst" - und das, ohne die Fassade oder die Leute, die drin wohnen, runterzumachen. Da ist die Form "Ring" total ingegrativ, und eben nicht nur auf einer formalen Ebene. Die beiden schaffen es so, Dinge aus ihrer Alltäglichkeit und Normalität rauzuheben, ohne das Rausgestellte wertend zu betrachten.

KHE: Ja, dieses Umgehen mit dem Un-Perfekten, Un-Geformten, das ist für mich ein extrem interessanter Bereich in der Arbeit von den beiden.

HG: Genau. Ich sehe in den meisten Formen der Löbberts keine Wertung. Sie sind nur ein Mittel mit dem sie reagieren und aufmerksam machen wie zum Beispiel in Gartenarbeit, die die beiden für das Projekt Privatgrün gemacht haben. Dort thematisieren sie mit einem Rechteck eine ganze Reihe Aspekte, die mit Grundbesitz zu tun haben. Der Eingriff mit dieser total wertneutralen Form stiftet da eine eigenartige Hinterfragung.

KHE: Ja. sie polarisieren mit der zunächst neutralen geometrischen Form das Vorhandene: Die Haltung der Hausbesitzer, z.B. die Fenster des Doppelhauses unterschiedlich zu streichen, dieses Pseudoindividualisierungsbedürfnis, das rückt in den Blickpunkt. Krasser noch die unterschiedlichen Reaktionen, Sehweisen auf die Arbeit: einer sieht das positive nachbarschaftlich-menschliche Aufeinanderzugehen der beiden Nachbarn das durch die Arbeit gestiftet wurde, andere sehen in ihr eine perfide Kritik an dem kleinbürgerlichen Gartenpflegeverhalten.

HG: Es ist die Intervention der beiden und die präzise Setzung. Eine andere Installation welche das Unperfekte zum Thema macht ist die Präsentation in der Galerie Edition Hannappel in Essen. Dort betritt man die Galerie mit ihren angesehenen Programm durch den daneben liegenden Rahmenladen der sonst in den Publikationen der Galerie unsichtbar bleibt. Durch die beiden Elemente - Unterzugspanne und Auslegeware - wird die Abhängigkeit der Galerie vom Rahmenladen thematisiert. Es ist kein Verschönern einer Situation sondern ein Einfließenlassen der Umgebung und vielleicht der Stimmung die eigentlich vorherrscht. Oft wird ja versucht, diese Stimmng mit einer Arbeit zu überschatten.

KHE: Interessant ist glaube ich, daß diese Reduzierung eben eine irre Fülle an Hintergrund mitbringt.

HG: und vorallem zuläßt finde ich. Wie bei der Ausstellung Sürth Bf. in der Fuhrwerkswaage in Köln

KHE: Ich hatte gerade den Gedanken, daß die Reduktion eben nicht nur den Ort mit einbezieht, sondern auch erfordert, daß sich der Betrachter als Teil des Systems begreift.

HG: Der Besucher oder besser gesagt die Person ist eine wesentliche Komponente ,wie sie sich in der Ausstellung bewegt , wie weit ist sie gewillt in die Arbeit einzusteigen, das fand ich einen spannenden Moment speziell bei dieser Arbeit. und da seh ich schon wieder Interessen die sich mit unserem Verständnis wie eine Ausstellung wirken soll überschneiden.

KHE: ja. Ich kämpfe schon die ganze Zeit mit dem Gedanken, daß das ja Minimal auch tut, wenn ichs richtig gelernt habe. Die Differenz liegt vielleicht darin, daß bei Minimal der Fokus auf der "gemachten" Arbeit liegt, die den Raum besetzt und "gedanklich konturiert". Bei den Löbberts ist das eben nicht mehr der Fall. Es gibt keine "gemachte" Skulptur : in der Fuhrwerkswaage gab es genau drei Elemente: eine Rohrdurchführung durch die Außenwand, die Tieferhängung eines vorhandenen Ventilators und ein Foto von einer Situation auf der Außenwand.

KHE: Diese Elemente sind an sich keine Arbeit, sie fokussieren das Vorhandene und verwenden das als bildhauerisches Material.

HG: Diese Ausstellung ist für mich auch wie eine Essenz des Umfelds in einer Installation komprimiert. Dirk meinte: einige treue Besucher der Fuhrwerkswaage die öfters zu Eröffnungen kommen, wußten eigentlich nicht daß die Bushaltestelle hinter dieser Galeriewand ist.

KHE: Die Arbeit funktioniert ungefähr wie ein Kompass. Er definiert deine Position: Die Arbeit definiert die Position RELATIV zum eigenen Standpunkt. Mit einem Kompaß kann ich auch nicht sagen, wo ich bin, wenn ich nicht eine Karte habe und Referenzpunkte.

 

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Abb: M+D Löbbert, Installation in der
Galerie Hannappel, Essen 1995

 

 

 

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Abb: M+D Löbbert, Sürth Bf. in der
Galerie Fuhrwerkswaage, Köln



 

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